Was irreparabel kaputt ist, muss schließlich nicht repariert, sondern einfach umgetauscht werden. Genauso verhält es sich mit dem Braunkohleausstieg, der am 03. Juli 2020 im Bundestag beschlossen wurde. In dem Gesetzesentwurf hieß es, dass das deutsche Kohlezeitalter sich dem Ende neigt und ein neues Zeitalter der erneuerbaren Energien eingeläutet wird. Das war mittlerweile 3 Jahre her. Umso mehr musste ich schlucken, als ich gelesen habe, dass die Bundesregierung 2022 satte 1,2 Milliarden Euro an die Braunkohleindustrie gezahlt hat. Aus dem Staatshaushalt. Weitere 500 Millionen Euro kamen von Stromkunden. Insgesamt hat die Braunkohleindustrie also 1,7 Milliarden Euro bekommen, das ermittelte das FÖS (Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V.). Nicht schlecht für einen "absterbenden Zweig" der deutschen Industrie.
Aber wieso bekommt der Kohlesektor nach wie vor so viele Staatshilfen, während es für die erneuerbaren Energien nicht genug Geld gibt?
Die vorzeitige Stilllegung der Kraftwerke wurde im Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG) beschlossen und mit festen Entschädigungszahlungen an die betreibenden Konzerne verbunden. Braunkohlekraftwerke bekommen demnach insgesamt 4,35 Milliarden Euro von der Bundesrepublik, nachdem ihre Lichter ausgegangen sind. Eine Analyse von BBH zeigt, dass es sich hierbei um ein Novum handelt und auch wirtschaftlich nicht verständlich sei. Bei ähnlichen Vorkommen in anderen Ländern wurden Kohleunternehmen nämlich nicht entschädigt. Innerhalb von 25 Jahren amortisieren sich demnach die Kosten für ein solches Unternehmen inklusive einer angemessenen Gewinnerwirtschaftung. Demzufolge macht es nur Sinn Kraftwerke finanziell zu unterstützen, die jünger als 25 Jahre alt sind. Weiter schreibt das FÖS, dass beim gesetzlich festgelegten Kohleausstieg "rund 90% der Anlagen älter als 25 Jahre alt sein werden". Kohleunternehmen haben die deutsche Industrie viel zu lange geprägt und zu viel Macht zugesprochen bekommen. Auch die Entbindung jeglicher Abschlagszahlungen, wenn die gewonnene Braunkohle zu Strom weiterverarbeitet wird, stellt die Unternehmen in eine nie dagewesene Machtposition, in der diese nicht die Notwendigkeiten sehen, ihren Wirtschaftszweig zu verlassen, da sie sowieso subventioniert werden.
Das kann schnell gefährlich werden. Das sehen wir auch schon am Mangel an rentablem Boden zur Errichtung von PV und Windkraftanlagen. Dieser gehört in einigen Fällen schon den Braunkohleunternehmen, welche sich durchaus bewusst sind auf einer "Goldmine" zu sitzen. Die Konzerne haben also einen deutlichen Vorteil bei der Errichtung von Wind- und Solarparks, da sie vor Jahren durch Braunkohleförderung Zugang zu geeigneten Grundstücken erhielten. Im Normalfall ist die Findung solcher Flächen mit erheblichem Mehraufwand verbunden. Dieser Wettbewerbsvorteil der Braunkohlekonzerne könnte ihre Marktmacht in der Stromerzeugung festigen und die Chancen für Bürgerenergie-Projekte einschränken.
Wenn der Braunkohleausstieg und die damit einhergehende Umstellung auf erneuerbare Energien also umgesetzt werden soll, dann müssen wir auch aufhören Kohlekonzerne zu unterstützen. Andernfalls kann ich auch meinen kaputten Verbrenner jede Woche in die Werkstatt bringen.
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